SCHMOCK II reopening
20.Oktober.2018 // Artothek München // 15:00 – 03:00 h
Teil der „Langen Nacht der Münchner Museen“
…von diesem schillernden Abend bleibt als einer von vielen Gedanken eine Verzweiflung über untilgbaren, gefährlichen, dummen Hass.“ Egbert Tholl, SZ
SCHMOCK II
Das Münchner Restaurant Schmock verband gehobene israelische Küche mit einem ironisch-provokanten Umgang mit der deutsch-jüdischen Geschichte. 2016 beschloss der Inhaber aufgrund der sich häufenden antisemitischen Anfeindungen seinen Laden zu schließen.
Immer noch und gerade jetzt, im Kontext eines offener und lauter werdenden Rechtspopulismus, ein Fall, der zum Nachdenken anregt über den gesellschaftlichen Umgang mit Alltagsrassismus sowie offenen und verdeckten Ressentiments.
AM 20. OKTOBER ERÖFFFNET DAS SCHMOCK WIEDER:
Als 12-Stunden-Performance, in den Räumen der Artothek.
Die Performance hinterfragt das Modell „Restaurant“ als scheinbar harmloses Scharnier zwischen Kulturen. Wie selbstverständlich gehen wir „zum Italiener“, „zum Vietnamesen“ oder „zum Griechen“; internationale Küche fungiert als kostengünstige und unverbindliche Eintrittskarte in andere Kulturen. Doch was passiert, wenn man sich nicht an die Regeln hält; die „exotischen“ Speisen nicht in mundgerechten Happen serviert, sondern als schwerverdauliche Kost, bis hin zur Ungenießbarkeit gewürzt mit all den Klischees und Vorurteilen, denen wir — ob wir wollen oder nicht — alle unterliegen? Was „darf“Gastronomie und die Vermarktung „fremder“ Speisen und Kulturen im gesellschaftlichen Konsens und was nicht. „Darf“ ein Restaurant die Grenzen folkloristischer Abbildung gängiger Vorstellungen und Klischees des jeweils dargebotenen Kulturraums überschreiten und sich provokant in den Diskurs rassistischer Vorbehalte in der Gesellschaft einreihen?
Die Arbeit Schmock II inszeniert die Wiedereröffnung des Restaurants: Besucher*innen haben die Möglichkeit, Platz zu nehmen, zwischen verschiedenen Speisen und Getränken zu wählen, sich zu unterhalten. Das harmlose, unbefangene Setting wird nach und nach durch verschiedene performative und installative Elemente systematisch gestört.
Eine Live-Schaltung in das erste bayrische Restaurant Israels, der „The Bavarian Brasserie“ in Tel Aviv zeigt die Spiegelung eines bayerischen Restaurants in Israel innerhalb eines (inszenierten) israelischen Restaurants in Bayern und ermöglicht so eine doppelte Betrachtung inszenierter Kultur. Antisemitische Äußerungen aus Sozialen Medien aber auch konkrete Beschimpfungen gegen die Restaurants Schmock und Feinberg’s (Berlin) werden als dokumentarisches Material aufgegriffen und künstlerisch verarbeitet. An einem Stammtisch wird mit geladenen Gästen, unter anderem dem bayerischen Vorzeige- Fernsehkoch Fritz Häring, der Soziologin Prof. Paula-Irene Villa (LMU), Levi Israel Ufferfilge (Rent a Jew) und der Journalistin und Autorin Sabine Zaplin, über die politische Macht von Essen diskutiert: Wann trennt eine Mahlzeit? Wann verbindet sie? Wer hat Anspruch auf welche Küche?
Die Besucher*innen sind dazu aufgefordert, während ihres Restaurantbesuchs die Menge an Informationen zu dechiffrieren und sich so mit der komplexen Materie auseinanderzusetzen und selber eine Meinung zum Thema zu bilden, währenddessen sich der Raum permanent verändert, bis er letztendlich gänzlich leergeräumt wird.
Die Dekonstruktion des Ortes spielt mit dem Verhältnis von konstruierten Identitäten und dem sozialen Erlebnis, das tatsächlich vor Ort stattfindet. Der leere Raum wiederum bietet das Potential kulturelle Zusammenkunft neu zu denken und reproduktive Prozesse während des „Exports von Kulturen“ zu begreifen.
WIR DANKEN UNSEREN FÖRDERERN:
Fotos: ©Mara Pollak